„“Ich finde den Rhythmus mit den Fenstern cool!“

04.Februar 2019

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Interview mit Robin Benzing

Er ist ein echter Anführer! Ein echter Kapitän! Er geht voran und gibt alles für Deutschland, hat für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft auf die Geburt seiner Tochter und auf deren ersten Geburtstag verzichtet. Robin Benzing wird zur Nationalmannschaft eingeladen und er kommt. Immer! Im Interview gibt uns der für Besiktas Istanbul spielende Forward einen Überblick über seine aktuelle Situation und über seine Gedanken zur Nationalmannschaft (Deutschland – Griechenland am 24. Februar 2019 in Bamberg, Tickets).

Kommen wir zuerst auf Deine persönliche Situation zu sprechen. Wie ist es denn so in Istanbul? Auch und besonders mit Deiner Familie? Wie sind die Lebensbedingungen? Die Lebensbedingungen sind gut. Istanbul ist eine riesige Stadt, da ist viel los und man muss sich erst einmal akklimatisieren. Da gibt es ja nichts Vergleichbares in Deutschland oder in Spanien, wo ich schon war, aber es ist alles in Ordnung und wir fühlen uns wohl. Wir haben eine schöne Wohnung in einer schönen Gegend, es passt alles. Da kann ich mich wirklich nicht beklagen, es gibt glaube ich schlimmere Städte. Wir können mit der ganzen Familie (Frau Katharina und Töchterchen Ainhoa (1) – Anm. d. Red.) spazieren gehen, da gibt es keine Probleme. Man muss sich keine Sorgen um uns machen (lacht).

Und wie bewertest Du die sportliche Situation? Hattest Du das Team und Deine Rolle so erwartet? Das war am Anfang ein bisschen schwierig. Ich wusste nicht genau, wo ich dran war und wie meine Rolle aussehen würde. Jetzt hat sich das erheblich stabilisiert und ich bin ein wichtiger Stützpfeiler der Mannschaft geworden. Das ist immer mein Ziel gewesen, dass ich in der Mannschaft Verantwortung übernehmen kann und ein wichtiger Baustein bin, um dem Team zu helfen. So wie immer, in jeder Mannschaft, in der ich bin. Natürlich ist es immer neu, neue Mannschaft, neuer Trainer, neues Land … da muss man sich erst einmal reinfinden und gucken, wie die Situation ist, was man braucht, was man machen muss, was man dem Team geben kann und muss undsoweiter. Mittlerweile kann ich immer mehr zeigen und der Mannschaft immer mehr geben. Ich glaube das ist ganz wichtig.

Du hast jetzt in Deutschland, in Spanien und in der Türkei gespielt. Wie siehst Du den Vergleich zwischen den Profiligen in den drei Ländern? Ich würde sagen, dass die BBL momentan noch auf Platz drei steht , aber sie ist sehr im Kommen, entwickelt sich sehr gut und wird immer stärker. Vom Spielstil passen die deutsche und die türkische Liga ganz gut zusammen: Viele Amerikaner, sehr viel athletisches Spiel. In der ACB (spanische Liga – Anm. d. Red.) hast du nicht so viele Amerikaner und nicht so viel Athletik. Dafür ist das Spiel dort sehr ästhetisch, clever, gut zum Ansehen, etwa so wie ALBA in der BBL. Dieses gewitzte Spiel ist in Spanien etwas mehr zu sehen, dafür ist es in Deutschland und Türkei sehr schnell, athletisch und physisch. Insgesamt schenken sich die drei Ligen nicht viel. Alle drei sind sehr gut und ich bin froh, dass ich die Erfahrung machen durfte und jetzt in der türkischen Liga bin.

Weißt Du schon, ob und wie es für Dich weitergeht bei Besiktas? Ich habe einen Vertrag bis zum Ende der Saison. Danach ist noch nichts entschieden.

Kommen wir zur Nationalmannschaft. Wenn Dir vor mehr als einem Jahr jemand gesagt hätte, dass Ihr punktgleich mit Griechenland an der Spitze der Qualigruppe steht und bereits nach acht Spielen für die WM in China qualifiziert seid, Du hättest etwas gebremst, oder? Natürlich! So bin ich, das weißt du ja. Ich bremse ja immer etwas und stapele tief, das war schon immer so. Es ist auf jeden Fall ein sehr großer Erfolg für uns, dass wir das so früh geschafft haben. Und jetzt geht es darum, auch die letzten beiden Spiele erfolgreich zu sein und möglichst den ersten Platz zu machen.

Das letzte Qualispiel ist ein echtes Endspiel um den Gruppensieg gegen Griechenland. Setzt das noch einmal besondere Motivation und Kräfte frei? Vorher müssen wir erst einmal unsere Hausaufgaben gegen Israel machen, das wird schwer genug. Ich erinnere daran, was wir zuhause gegen die Israelis erleiden mussten. Wenn es dann zum Endspiel gegen Griechenland kommen sollte, wird die Motivation natürlich sehr groß sein. Wir haben noch eine Rechnung mit denen offen. In Griechenland haben wir nicht unsere beste Leistung gezeigt und das wollen wir wieder gut machen.

Im bisherigen Verlauf der World Cup Qualifiers gab es doch eine ganze Reihe an Höhepunkten und bemerkenswerten Szenen. Welche Top3 sind bei Dir hängen geblieben? Das ist ja relativ einfach. Ich glaube, es gibt drei Szenen, die mir wirklich sofort einfallen. Das waren die beiden Szenen im Serbienspiel, der Dunk von Maik über Bobby (Boban Marjanovic – Anm. d. Red.) und der Block von Maxi gegen Bobby. Und natürlich der Alley oop von Dennis auf Maxi zur Verlängerung gegen Israel. Das sind eindeutig die Top3, da muss man auch nicht viel diskutieren. Ich müsste überlegen, welche anderen Szenen mir noch einfallen. Gegen Griechenland hat auch JT (Johannes Thiemann – Anm. d. Red.) einen schönen Dunking über Bouroussis gehabt, den könnte man auch noch dazu tun. Aber gerade von der Bedeutung her, von der jeweiligen Situation des Spiels, waren die drei Szenen neben dem Spektakel einfach unglaublich wichtig.

Du bist der Kapitän der Nationalmannschaft und auch bekannt als Spaßvogel, der gute Laune verbreitet. Wie schaffst Du den Spagat zwischen Spaß und dem nötigen Ernst? Langjährige Erfahrung (lacht). Es ist immer wichtig, dass man abseits des Feldes mit den Jungs Spaß hat und gute Laune verbreitet. Wenn man gute Laune abseits des Feldes hat und sich gut versteht, dann bekommt man es auch auf dem Spielfeld hin, eine gute Chemie zu entwickeln. Ich weiß dann genau, in welcher Situation ich die Jungs beiseite holen oder für sie da sein und ihnen Hinweise geben muss. Ich weiß, wann der Spaß vorbei sein und wann man konzentriert sein muss. Aber das wissen die meisten Jungs auch selbst.

Du bist jetzt seit zehn Jahren A-Nationalspieler und hast mit Abstand die meisten Länderspiele im aktuellen Team. Was hat sich in den vergangenen zehn Jahren verändert? Das Wesentliche für mich ist, dass ich den kompletten Generationswechsel mitmachen durfte und konnte. Ich habe noch mit der älteren Generation um Nowitzki und Femerling gespielt und bin jetzt auch bei der neuen Generation mit dabei. Wir haben jetzt wieder viele NBA-Spieler im Team und auch diese Fenstergeschichte ist ein immenser Wechsel, das kannte ich ja vorher nicht. Ansonsten ist die Nationalmannschaft für mich eigentlich immer gleich geblieben. E war und ist immer ein großer Spaß, mit den Jungs zusammen zu kommen, es war immer eine Ehre für mich und für die Jungs, sich zu treffen und für Deutschland zu spielen. Der Fighting Spirit war immer gleich. Ich hoffe, das wird auch so bleiben und dass wir weiter erfolgreich sein werden.

Wie ist für Dich persönlich der Rhythmus, aber auch das Erlebnis Nationalmannschaft, die sich ja mittlerweile viermal im Jahr trifft statt nur einmal wie in den Jahren davor? Ich finde den Rhythmus mit den Fenstern cool. Ich mag es gerne, weil man so auch während der Saison mal eine Pause von seiner Vereinsmannschaft bekommt, das finde ich extrem wichtig. Dass man auch einmal einen Tapetenwechsel bekommt, ein bisschen weg vom Verein. Und dass man die Jungs von der Nationalmannschaft häufiger sieht und mit ihnen trainiert und spielt. Das leidige Thema des Streits zwischen FIBA und Euroleague ist aber natürlich extrem nervig, weil man nicht immer die besten Mannschaften zur Verfügung hat.

Wir haben Dich bereits vor etwa einem halben Jahr zu Bundestrainer Henrik Rödl befragt und möchten das jetzt wiederholen. Was kannst Du uns über ihn sagen, was zeichnet ihn aus? Da werde ich mich wahrscheinlich wiederholen, aber was er gut kann, ist die richtige Mischung zu finden. In manchen Momenten pusht er uns, in anderen geht er hart mit uns ins Gericht. Dann findet er wieder die nötige Lockerheit, gibt uns die wichtigen Pausen, die wir brauchen, bereitet uns sehr gut vor. Er weiß, dass wir Spaß haben müssen. Die Trainingseinheiten machen Spaß, auch wenn wir konzentriert arbeiten. Er bringt die Informationen, die wir für das Spiel brauchen, gut rüber, sodass wir sie schnell verstehen und umsetzen können. Man sieht es an unseren Ergebnissen in den Fenstern, dass wir erfolgreich waren, obwohl wir immer nur sehr wenig gemeinsame Zeit hatten und immer neue Spieler dazu kamen. Das ist natürlich auch von den Spielern her gut, aber ein großer Teil des Erfolges kommt vom Trainer. Dass wir immer sehr schnell eine Chemie aufbauen, einfach dieses Fingerspitzengefühl, das macht den Coach aus.

Warst Du schon einmal in China? Wo war ich schon einmal?

In China, meinetwegen auch in Kina? Ah, in China, Basti würde Kina sagen (lacht). Ich war schon in China, ja. Wir waren damals mit Ulm in China, bei einem Turnier in Chengdu.

Am 16. März ist die Auslosung der Vorrundengruppen für die WM in China. Gespannt, wirst du es verfolgen? Ich werde versuchen es zu verfolgen. Gut, dass du mir den Termin sagst, vielleicht musst du mich dann noch einmal dran erinnern. Das Gute ist ja heutzutage, dass man durch das tolle Internet alles ganz schnell erfährt.