„Die U16-Europameisterschaft ist immer eine große Wundertüte“

09.August 2024

news bild

Für viele ist es ein weiteres Highlight des Basketball-Sommers, doch für die meisten unserer U16-Jungen stellt es das allererste große Turnier im deutschen Nationaltrikot dar: die FIBA U16 EuroBasket 2024 auf Heraklion, Griechenland. In der Gruppe B treffen sie auf starke Gegner wie Serbien, Litauen und Bulgarien. Wie immer bleibt es spannend, was uns erwartet, […]

Für viele ist es ein weiteres Highlight des Basketball-Sommers, doch für die meisten unserer U16-Jungen stellt es das allererste große Turnier im deutschen Nationaltrikot dar: die FIBA U16 EuroBasket 2024 auf Heraklion, Griechenland. In der Gruppe B treffen sie auf starke Gegner wie Serbien, Litauen und Bulgarien. Wie immer bleibt es spannend, was uns erwartet, aber wir dürfen uns auch in diesem Jahr auf die neuen Talente freuen. Fans haben die Möglichkeit, alle Spiele live und kostenlos im FIBA-Stream auf YouTube zu verfolgen.

Im Interview spricht Bundestrainer Dirk Bauermann über die Vorbereitung auf die Europameisterschaft, was er seinen Jungs in ihrer Entwicklung zum Nationalspieler mitgeben möchte und inwiefern das Turnier für die Entwicklung des Teams von Bedeutung ist.

ZUR OFFIZIELLEN SEITE DER U16-EM

Dirk, für viele ist es das erste große internationale Turnier. Wie bereitet man eine Mannschaft auf ihr erstes großes Turnier vor und welche Erfahrungen aus dem letzten Jahr sind dabei besonders hilfreich?

„In der Jugendarbeit des Verbandes gibt es nach meinem Dafürhalten zwei Ebenen: die Entwicklungsebene, die U15/U16 umfasst, und die Performance-Ebene, die ab der U17/U18 beginnt. Die U16 gehört zur Entwicklungsebene. Die Spieler haben bisher in der JBBL gespielt, einige haben bereits U15-Erfahrungen gesammelt und an größeren Turnieren teilgenommen. Für die meisten ist es jedoch das erste große Turnier. Dabei ist es wichtig zu vermitteln: Erstens Was es bedeutet, Nationalspieler zu sein und den Adler auf der Brust zu tragen, insbesondere in Bezug auf Werte, Verhalten und Einstellung. Zweitens Wie intensiv, konzentriert, physisch und aufmerksam man spielen muss, um auf europäischem Niveau eine Rolle spielen zu können, sowohl individuell als auch kollektiv. International wird bereits in der U16 sehr hart verteidigt und das Spiel ist strategischer als gewohnt. Es geht also auch darum, ihnen das Handwerkszeug zu vermitteln, sowohl in individueller als auch mannschaftstaktischer Hinsicht, das sie brauchen, um bei einem so großen Turnier erfolgreich spielen zu können.“

Ihr seid im Februar dieses Jahres zusammengekommen und habt die ersten Lehrgänge als neues Team absolviert. Inwiefern hat dieses frühe Zusammentreffen euch dabei geholfen, sich als Team zu finden und kennenzulernen?

„Jeder Lehrgang ist für die Entwicklung unserer Spieler wichtig. Dabei geht es in der U16 vor allem darum, Gewohnheiten zu verbessern, und das gelingt nur über eine hohe Anzahl von Wiederholungen im Training. Die verantwortlichen Entscheidungsträger im Verband haben dankenswerterweise mehr Geld für unsere Lehrgänge zur Verfügung gestellt, dennoch müssen wir auch in diesem Bereich weiter zusätzlich investieren. International wird gerade in den Jugendbereich viel investiert, zum Teil gibt es mittlerweile sogar bereits U14-Nationalmannschaften. Da dürfen wir den Anschluss nicht verlieren.“

In den letzten Monaten habt ihr an den verschiedensten Turnieren teilgenommen, darunter zwei 4-Nationen-Turniere und der DFJA. Wie haben euch diese Turniere auf die bevorstehende Europameisterschaft vorbereitet?

„Diese Turniere sind unheimlich wichtig, weil sie letztendlich zentrale Erfahrungen sammeln können. Die Spieler lernen viel über die Intensität des Spiels und die physische Belastung, die sie zum Teil noch nicht kennen. Viele sind in ihren Vereinen die Besten und gewohnt zu gewinnen. Plötzlich spielen sie gegen Frankreich oder Spanien und merken, wie hart sie noch arbeiten müssen, um langfristig auf diesem Niveau mithalten zu können.

Außerdem lernen sie bei diesen Turnieren, sich ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen und sich mit Rollen zu identifizieren, die möglicherweise für sie ganz neu sind. Amerikaner nennen das „willing sacrifice“. Im Übrigen geht es darum, Abläufe unter Spielbedingungen zu testen und zu sehen, inwieweit die trainierten Abläufe verinnerlicht sind und unter Wettbewerbsbedingungen abgerufen werden können. Natürlich sind die Turniere auch wichtig in Bezug auf die Mannschaftszusammenstellung. Wir bekommen durch die Spiele einen Eindruck davon, wer es auf diesem europäischen Niveau schafft, seinen Beitrag zu leisten, wer Leistungsträger ist und wer sich schwer tut.“

In eurer Gruppe trefft ihr neben Serbien und Bulgarien auch auf Litauen, ein Team, dem ihr bereits in der Vorbereitung begegnet seid. Wie schätzt du die Stärken und Herausforderungen der gesamten Gruppe ein?

„Sicherlich eine sehr starke Gruppe mit Serbien und Litauen, die regelmäßig zu den Top 8-Teams in Europa gehören. Auf die Bulgaren treffen wir als Letztes, was bedeutet, dass wir zweimal die Möglichkeit haben, sie intensiv zu beobachten. Doch wenn ich eines in meinen 35 Jahren Profisport gelernt habe, dann ist es, niemanden zu unterschätzen. Deshalb rechnen wir bei allen Mannschaften damit, dass sie uns das Leben schwer machen werden.“

Ein Blick auf das Team: Assistenztrainer Zoran Kukic ist kurzfristig diesen Sommer ausgeschieden, und auch im Team fallen einige Spieler aus verschiedenen Gründen aus. Wie kompensiert ihr diesen Verlust im Staff und Team?

„Zoran ist natürlich ein echter Verlust. Er ist einer der besten Jugendtrainer in Deutschland. Es ist einfach großartig, wenn renommierte Trainer wie er dem Leistungsbasketball erhalten bleiben und eine JBBL- oder BBL-Mannschaft betreuen. Aber seine Gründe waren für uns völlig nachvollziehbar. Wir sind ihm dankbar für die Arbeit, die er mit den Jungs geleistet hat. Mit Heimo Förster, der bereits viele Jahre dabei ist, und Touliv Hirschmann, der ein talentierter junger Trainer ist, haben wir dennoch einen tollen Trainerstab.“

„Am Ende müssen es die Jungs auf dem Feld hinbekommen und da ist es sicherlich an der Zeit, über die Jungs zu sprechen, die dieses Jahr dabei sind und sich qualifiziert haben, den Adler auf der Brust zu tragen. Mit Marko Petric haben wir einen Weg gefunden, damit er an der EM teilnehmen kann. Das wird ihm in seiner Entwicklung, aber auch der Mannschaft guttun. Gleichzeitig müssen wir die Nicht-Teilnahme von Teo Milicic, Epke Kruthaup und Dusan Illic verkraften, da sie drei echte Aufbauspieler sind, aber leider aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stehen. Deshalb bin ich gespannt, wie wir diese Verluste kompensieren können, aber ich bin da guter Dinge. Schließlich haben wir mit diesem Jahrgang eine junge (viele spät im Jahr und in 2009 geborene Spieler), große und perspektivisch sehr interessante Mannschaft zusammen bekommen.“

Abschließend, welche Ziele habt ihr euch für das Turnier gesteckt und mit welchen Erwartungen geht ihr in die Europameisterschaft?

„Die einzige Erwartung, die ich an die Mannschaft habe, ist, dass sie Deutschland und den DBB mit einer hervorragenden Einstellung, vorbildlichem Verhalten und großem Leistungswillen präsentieren. Ich möchte, dass sie bei jedem Spiel 40 Minuten lang kämpfen, als Mannschaft auftreten und sich nicht durch Niederlagen von ihrem Weg abbringen lassen. Dann wird man sehen, was am Ende dabei herauskommt, denn die U16 ist immer eine große Wundertüte – man weiß nicht genau, wie stark die anderen sind und wie die eigene Mannschaft bei ihrem ersten großen Turnier auftritt.

Deshalb ist es wichtig, dass der Trainerstab mit großer Gelassenheit ins Turnier geht. Ich glaube, es wäre vollkommen falsch, die Spieler mit Zielen unter Druck zu setzen. Sie befinden sich gerade auf der Entwicklungsebene, und insofern geht es vor allem darum, sie in enger Kooperation mit ihren Vereinen besser zu machen. Unsere primäre Aufgabe besteht deshalb nicht darin, Spiele zu gewinnen, sondern ihnen das Handwerkszeug und die Einstellungsrepertoires sowie die Trainings- und Leistungsmentalität zu vermitteln, die ihnen erlaubt, langfristig die beste Version von sich selbst zu werden.“

Die oberste Priorität von Bundestrainer Dirk Bauermann ist es, den Jungs die Möglichkeit zur Entwicklung zu geben. Nach der U17-WM in Istanbul, geht es für Bauermann nun in die zweite Endmaßnahme.