Olympia: Interview Lukas Wank

22.Juli 2021

news bild

"Ich bin immer bereit!"

Der Countdown läuft für die DBB-Herren bei den Olympischen Spielen in Tokio. Noch drei Tage, dann steht das erste Gruppenspiel gegen Italien auf dem Programm. Zuvor gibt es die Eröffnungsfeier, in der Regel ein besonderer Höhepunkt für jede Teilnehmerin und für jeden Teilnehmer. Wir haben uns mit einem Spieler unterhalten, der bisher nicht so im Rampenlicht gestanden hat wie einige seiner Teamkollegen. Mit Lukas Wank als Olympia-Teilnehmer hatten vor einigen Wochen sicher nicht sehr viele Leute gerechnet. Das macht ihn als Gesprächspartner nicht minder interessant. Aus dem Olympischen Dorf hat der Neu-Frankfurter unsere Fragen beantwortet:

Lukas, Du bist vor einigen Wochen direkt aus dem Urlaub zur Nationalmannschaft geholt worden. Wie war das damals? Ich war im Urlaub am Gardasee. Da hat mich Henrik angerufen und gefragt, ob ich für fünf Tage nach Köln kommen könnte. Ich habe gesagt ‚Klar, kann ich machen‘. Da war es natürlich noch der Plan, dass ich nur die fünf Tage bei der Nationalmannschaft bin.

Jetzt, wenige Wochen später, bist Du „plötzlich“ bei den Olympischen Spielen. Hattest Du das von Beginn an zumindest etwas im Kopf? Wann hast Du zum ersten Mal gedacht: Wow, da kann ich dabei sein! Ich hatte nie richtig im Kopf, dass das möglich wäre, weil ich natürlich die Leute auf der Liste gesehen habe und mir schon gedacht habe „Mmm, das ist schon sehr, sehr schwierig“. Ich will jetzt nicht sagen fast unmöglich, aber da müssten schon einige Wunder passieren, weil die anderen Spieler ja auch viel mehr Erfahrung haben. So richtig realisiert habe ich das wohl erst, als es hieß ‚Du steigst jetzt hier in den Flieger und jetzt geht es nach Japan!‘ Vorher war ja immer noch die Situation mit Dennis, da wusste man ja nicht genau, ob das noch klappt mit ihm. Es war also nie so hundertprozentig klar, aber spätestens, als ich im Flieger saß, da war es schon so ‚OK, Du bist wirklich dabei, Du fliegst jetzt nach Tokio!‘ Ab da ist meine Freude gestiegen, denn vorher wusste ich nicht, was ich zu erwarten hatte. Als wir dann ins Dorf eingezogen sind und alles drum herum, das war alles schon ziemlich … ja … krass.

Springen wir zum morgigen Freitag. Die Eröffnungsfeier, normalerweise immer einer der absoluten Höhepunkte der Spiele. Was habt ihr bisher für Infos zum Ablauf, was erwartest Du? Wir wissen es noch nicht ganz genau. Es gibt ‚Gerüchte‘, die sagen ‚Es findet nicht statt‘ oder ‚Es sind nur die Fahnenträger dabei‘, genaue Infos habe ich noch nicht. (Laut Sportdirektor Felix Leuer sind alle Spieler vor Ort dabei – Anm. d. Red.).

Zurück ins Dorf. Wie sind die Unterkünfte aufgeteilt, mit wem teilst Du einen Raum? Wie ist die Einrichtung? Das Dorf ist ganz witzig. Es ist einfach krass, dass man in Tokio am Hafen eine kleine Stadt hingebaut hat. Wir sind mit Österreichern und Belgiern in einem Haus mit 15 oder 17 Etagen. Wir haben zwei Sechser-Appartements mit jeweils drei Zweibett-Zimmern. Ich bin mit Niklas (Wimberg – Anm. d. Red.) auf dem Zimmer und im Appartement mit JT (Thiemann – Anm. d. Red.), Moritz (Wagner – Anm. d. Red.), Andi (Obst – Anm. d. Red.) und Robin (Benzing – Anm. d. Red.). Das ist auf jeden Fall eine sehr muntere Truppe. Es ist super einfach eingerichtet. Drinnen ist nur Gipskarton, unverputzt, dann haben wir diese Pappbetten, die ein bisschen ungemütlich sind. Das ist aber nicht so schlimm für mich. Insgesamt sieht alles nicht schlecht aus, das gehört einfach zu dem Flair dazu.

Wen kennst Du aus dem aktuellen Team am besten/längsten? Mmmh, wahrscheinlich Niklas. Mit dem hab e ich die ganzen Jugend-Natios gespielt. Und dann noch mit Moritz Wagner. Die beiden kenne ich am längsten von der ganzen Truppe. Die anderen waren alle relativ neu.

Hast Du bereits andere Sportler/Stars im Dorf getroffen? Wie ist der Kontakt mit Maske? Man sieht hier die besten der besten aus jeder Sportart. Das ist schon sehr, sehr beeindruckend. Ich gucke ja auch nicht nur Basketball. Yao Ming ist hier, auch noch einer der weltbesten Sumo-Ringer. Dann natürlich die ganzen Basketballer, Luka Doncic, viele Spieler aus der Euroleague. Es ist im Dorf ein kleines bisschen ein beklemmendes Gefühl, weil alle Maske tragen müssen, alle sind sehr vorsichtig, man will halt sichergehen, dass es vonstattengehen kann. Da ist der Kontakt natürlich schwieriger als sonst, man ist schon eingeschränkt, auch beim Essen mit den Plexiglasscheiben um jeden Platz. Das nervt ein bisschen, aber was will man machen? Es gehört halt dazu.

Wie ist es generell bisher im Dorf. Hast Du es Dir so vorgestellt? Ich konnte vorher nicht viel erwarten vom Dorf. Das ist schon atemberaubend. Wie viele Sportler einfach hier sind. Alle sind sportlich, das ist einfach schön hier zu sehen. Es ist ein ganz besonderes Flair, das Dorf ist riesig. Schade ist, dass man nicht frei ist und sich Tokio nicht anschauen kann. Am Ende sind wir das Leben in einer Bubble alle gewöhnt.

Was hast Du Dir für Olympia vorgenommen? Hat der Bundestrainer mit Dir über Deine Rolle gesprochen? So wie immer, so, wie es die ganze Vorbereitung war. Mein Team zu motivieren, wenn ich reinkomme alles zu geben, gut zu verteidigen, meine offenen Würfe zu treffen. Wenn ich mehr Vertrauen und Spielzeit bekommen sollte, kann ich meine Stärken auch ausspielen. Ich bin sehr, sehr froh dabei zu sein, sehr froh den Sommer gut trainiert zu haben und weiter gut zu trainieren.

Wie bereitest Du Dich auf die Spiele vor? Ist es schwierig für Dich, möglicherweise lange auf der Bank zu sitzen, dann aber plötzlich voll da sein zu müssen? Ja, das ist jetzt schon alles Gewöhnungssache. Ich meine, ich weiß jetzt, wie ich das machen muss, da habe ich ja die ganze Vorbereitung Zeit für gehabt, das fällt mir jetzt nicht mehr so schwer. Ich meine, ich bin auch noch relativ jung, das ist auch noch etwas Anderes, als wenn ich älter wäre. Ich bin immer bereit!

Arne Greskowiak ist euer Athletiktrainer, zu dem ihr ein besonderes Verhältnis zu haben scheint. Wie siehst Du die Mischung aus Spaß und professioneller Arbeit? Ich glaube, ich habe mit jedem ein gutes Verhältnis, manche kennt man mehr, manche etwas weniger. Arne ist ein echter Spaßvogel, wir haben gerne ein bisschen Spaß. Wir beide schätzen uns auch gegenseitig, unsere Professionalität. Wenn man seine Aufgaben gut und konzentriert erledigt, ist Spaß immer erlaubt zwischendurch. Er ist wirklich ein sehr cooler Typ, den ich auch erst in diesem Sommer kennengelernt habe und mit dem es toll ist zu arbeiten, weil er sehr viel weiß und sehr viel hilft, weil er eine motivierende und spaßige Rolle hat.

Ihr habt das sechste NBA-Finale auf einem Handy an der Bushaltestelle verfolgt. Wie waren die Sympathien verteilt? Wir wollten alle ein bisschen Game seven sehen, das wäre schon ganz cool gewesen. Am Ende war es natürlich verdient für die Bucks, muss man schon sagen. Es gab bestimmt einige, die Phoenix gewinnen sehen wollten, aber allgemein wollten wir alle ein siebtes Spiel. Wir haben auch schon vorher auf dem Zimmer angefangen zu schauen und weil wir dann zum Training mussten, haben wir die letzten Minuten an der Bushaltestelle verfolgt.

Was möchtest du bei Olympia neben dem Sport unbedingt noch „erledigen“? Puh, ich versuche die ganze Zeit zu genießen so gut wie es geht. Ich hätte Tokio sehr, sehr gerne gesehen. Da muss ich mit den Leuten, die aus Japan hier sind, mal ein bisschen quatschen. Außerdem wäre es schon nicht schlecht, ein paar Sportler aus anderen Sportarten kennenzulernen, auch aus anderen Nationen.

Und sonst? Und sonst geht es mir gut (lacht). Ansonsten habe ich richtig Bock hier drauf, es ist eine der schönsten Zeiten, die ich bis jetzt hatte. Vor allem mit dem Team macht es riesig Spaß und ich hoffe, dass wir so lange wie möglich hier im Dorf bleiben.

Spieltermine Gruppe B: Sonntag, 25. Juli 2021, 06.40 Uhr: Deutschland – Italien Mittwoch, 28. Juli 2021, 03.00 Uhr: Deutschland – Nigeria Samstag, 31. Juli 2021, 10.20 Uhr: Deutschland – Australien

Der deutsche Olympiakader

Foto oben: DBB/Camera 4 Foto unten re.: © Team Deutschland / Paul Hüttemann Foto unten li.: FIBA